In einem ZEIT-Interview hat Christian Spannagel einige Grundpositionen zu Open Science formuliert. Die Befürchtung, dass die Offenlegung von Prozessen der wissenschaftlichen Produktion den WissenschaftlerInnen zum Nachteil gereicht, entkräftet er mit zwei Argumenten:

  1. Zum einen kann die Urheberschaft einer Idee oder eines Gedankens durch eine Veröffentlichung dokumentiert werden und
  2. spricht für die Veröffentlichung des wissenschaftlichen Arbeitsprozess, dass die Qualität durch das Peer-Review und kritische Auseinandersetzung letztlich nur gewinnen kann:

„Es ist doch eigentlich wertvoll, möglichst früh zu erfahren, wenn etwa ein Praktiker überhaupt keine Relevanz in der Forschung eines Akademikers sieht. Natürlich ist das im ersten Moment nicht angenehm, eine solche Fehlerkultur, die das aushält, muss sich in den meisten Fällen erst entwickeln. Außerdem empfinde ich persönlich es als bereichernd, meine Forschung auch für Laien verständlich zu formulieren – denn dadurch durchdenkt man das eigene Handeln besser.“ [C.Spannagel in der ZEIT-Online]

Mir scheinen die beiden Argumente zwar stichhaltig, aber mir gehen dazu ein weiterer Gedanke durch den Kopf, die mir für die Diskussion von Open Science von Bedeutung erscheint und der in der „Ideenklau“ und „Raus-aus-dem-Elfenbeinturm“-Diskussion nicht in den Hintergrund treten sollte: Das Statement beruht auf einem traditionellem Verständnis der „WissenschaftlerInnen“ als erkenntnisproduzierende Individuen. Mir scheint die „Open Science“ Idee greift aber noch weiter: Vielleicht lassen sich „Ideen“ und „Antworten“ unter den Bedingungen zunehmend vernetzter Wissenskultur und steigender, buchstäblich „nicht mehr zu fassender“ Komplexität der uns umgebenden Phänomene und Fragestellungen nicht mehr als Einzelleistung denken. Es bahnt sich an, dass das Verhältnis zwischen individueller und kollektiver Wissensproduktion in Zukunft neu verhandelt werden wird. Für die Frage nach dem „Subjekt der Bildung im Netz“ hat z.B. Christoph König aus Darmstadt spannende Thesen erarbeitet, die darauf hinweisen, dass die Community zum eigentlichen Bildungssubjekt werde (wenigstens in bestimmten Bereichen). Aus dieser Perspektive würde der Standpunkt eines kollektiven, vernetzten und transdisziplinären Forschungssubjekts erst die adäquate Sichtweise auf „offene Wissenschaft“ ergeben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top