Der lange Weg zur Deputatsregelung

Die so genannte Deputatsregelung für E-Learning beschäftigt mich jetzt schon eine ganze Weile (z.B. hier). Seit einigen Jahren haben wir das Thema immer wieder an der Uni Potsdam ins Gespräch gebracht, zuletzt mit einer Vorlage für eine uniweite Regelung, die wir nun in den Fakultäten erproben wollen. Im Kern geht es darum, den Lehrenden einen Rahmen dafür zu schaffen, in dem sie die Erfüllung der Lehrverpflichtung (das “Lehrdeputat”) in Form von E-Learning-Formaten leisten können. “In Form von E-Learning-Formaten” meint in diesem Zusammenhang, dass
Präsenzveranstaltungen durch geeignete E-Learning-Aktivitäten ersetzt werden können: Also z.B. jede zweite Woche findet kein Präsenztermin statt, sondern es finden online-gestützte Aktivitäten statt. In der E-Learning-Sprache wird dies Blended-Learning genannt. In vielen Bundesländern existieren solche explizit auf E-Learning bezogene Regelungen auf Landesebene. In der Veröffentlichung „The Digital Turn – Hochschulbildung im digitalen Zeitalter.“ des Hochschulforum Digitalisierung wird jedoch zu diesen Regelungen festgestellt (S. 29):

„Dennoch wird anhand der Regelunginstrumente ‚Vergleichbarkeitsprüfung‘, ‚Nachweispflicht‘, ‚Höchstgrenzen‘, ‚Befristung‘ sowie ‚Sicherung des Gesamtlehrangebots‘ eine gewisse Skepsis gegenüber der digitalen Lehre deutlich. Es bleibt festzustellen, dass die bestehenden Regelungen zur Anrechenbarkeit noch nicht die breite Nutzung digitaler Lehre an deutschen Hochschulen ermöglichen.“

Gleichwohl gibt es aber auch an den Hochschulen in Brandenburg eine verbreitete Praxis und Akzeptanz dafür, räumliche Ko-Präsenz teilweise durch geeignete Online-Formate zu ersetzen.

Die Anrechnung von Lehrveranstaltungen als Thema für die Hochschuldidaktik

Auf der jetzt zu Ende gegangenen Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschuldidaktik hatten wir (Bereich Lehre und Medien im ZfQ der Uni Potsdam) gemeinsam mit Heiko Witt von der Uni Hamburg und Ulf-Daniel Ehlers von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg eine so genannten Diskurswerkstatt zu diesem Thema. Auf der Grundlage der Erfahrungen aus unseren drei Hochschulen war es unser Ziel, Kernthemen und Knackpunkte für Rahmung und Umsetzung von E-Learning-Deputatsregelungen herauszuarbeiten. Das ist uns dann auch gemeinsam mit den etwa einem Dutzend
Teilnehmer*innen wie ich finde gut gelungen. Ausgehend von den Themen und Fragestellungen in der Gruppe sind wir zu Clustern gekommen wie: “Qualität der E-Learning-Veranstaltungen”, “Rolle der StudiendekanInnen”, “Motivation und Anreiz der Lehrenden”, “Einführungs- und Umsetzungsstrategien”. Die detaillierte Aufarbeitung der Ergebnisse wird noch folgen.

#dghd2017: Erster Flashback

Einige Eingebungen und Anregungen, die im Laufe der Vorbereitung und Durchführung der Diskurswerkstatt angefallen sind,  möchte ich aber schon mal festhalten:

  • Es bestätigt sich an allen Hochschulen, dass die Diskussion um die Lehrverpflichtungserfüllung durch E-Learning tief in die Fragen nach Kontrolle der Lehrenden, Sicherung der Lehrqualität und der entsprechenden Qualitätskultur hineinragt. Das trägt nicht immer zur Akzeptanz bei…
  • Der Aufwand, der für die Entwicklung von E-Learning betrieben wird, muss in irgendeiner Weise berücksichtigt werden. Das Argument “wird bei der anderen Lehre ja auch nicht gemacht”, darf nicht zu Lasten des E-Learning gehen, bei dem der zusätzliche Aufwand evident ist.
  • Auch grundsätzliche Befürworter*innen von E-Learning zeigen sich von der Setzung der “Gleichwertigkeit von Präsenz- und Online-Lehre” verunsichert und geraten ins Grübeln, ob man das so behaupten darf.
  • Daher ist die Frage nach der Qualitätssicherung – der Qualitätvorbehalt, wie Heiko Witt das genannt hatte – unauflösbar mit dem E-Learning-Deputat verbunden: Die meist historisch gewachsenen und in großen Teilen erfahrungsbasiert und informell funktionierenden Qualitätregelkreise in Fakultäten müssten die neuen Lehrformate inkoporieren.
  • Für die Erfahrungsbildung sind explizite Rahmungen vielleicht nicht unbedingt notwendig, könnten aber ungemein hilfreich sein. Das steht leider im direkten Widerspruch zur Regelungsanimosität – vielleicht müsste man die Adressaten klarer voneinander trennen.
  • Jede einzelne der Fragen nach Qualitätssicherung, Regelungsbedarfen und Bürokratisierungstendenzen kann mehr oder weniger genauso mit Bezug auf die Präsenzlehre gestellt werden.

Eine These, die am Ende im Raum stand,  war die folgende:

Die konsequente Gleichbehandlung von On-Line und On-Site-Lehre nicht nur als Lehrformat (oder “Lehrmodus”), sondern auch in den angelagerten Problemstellungen wie Qualitätssicherung und -entwicklung, Akzeptanz bei Studierenden und Hochschulleitung, Verwaltung und Abrechnung, Mehraufwand, Interessen und Fachkultur auf Seiten der Lehrenden etc. etc. ist nicht nur möglich, sondern vereinfacht die weitere Diskussion.

Ob dies auf bekannte Forderung hinausläuft, das „E-“ müsse abgeschafft werden, weil wir die gleichen Fragen für „On-Site“ wie „On-Line“-Lehre beantworten müssen oder ob es sinnvoll ist, den relativen Experimentier- und Entwicklungsraum „E-Learning“ weiter auszuentwickeln ist mir noch nicht deutlich. Die Mitwirkenden der Diskurswerkstatt haben aber eine Weiterarbeit am Thema schon in’s Auge gefasst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top